Hauptsache der Rubel, und der Fußball, rollt!
Schon seit längerem widern mich die zunehmenden Entgleisungen und immer abstrakteren Diskussionen rund um den Profi-Fußball an. Die aktuelle Diskussion um die wieder Aufnahme des Spielbetriebs in der 1. und 2. Fußball Bundesliga offenbart, wie sehr sich der Planet „Kommerz-Profi-Fußball“ mittlerweile von der Erde und dem normalen Leben entfernt hat.
Allein die Existenz der aktuellen Debatte ist eine Farce. Seit acht Wochen beschäftigt uns die Corona Pandemie. Während kleine Betriebe, Gastronomen, Kinos, Frisöre, Selbstständige um ihre Existenz bangen, trainieren Bundesliga Teams wieder munter weiter und die DFL und der DFB sind schon ganz heiß darauf mit Geisterspielen hinter der PayTV-Schranke „wieder etwas Freude in die Wohnzimmer zu bringen“, wie es BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ausdrückte. Die ausstehenden Fernsehgelder? Reine Nebensache. Die Fans stehen absolut im Mittelpunkt. Klar!
Einer der ungeschriebenen Grundsätze des Fußballs ist es, die Menschen zusammen zu bringen. Emotionale Momente gemeinsam zu erleben. Gemeinsam im Stadion die eigene Mannschaft zu unterstützen. Gemeinsam Niederlagen zu durchstehen und Siege zu feiern.
Bei Geisterspielen ist dies alles nicht möglich. Aktuell ist es sogar verboten Spiele gemeinsam in der Geislinger „Spitze“ zu verfolgen. Das Einzige, was in gewohnter Atmosphäre, vor leeren Rängen stattfinden könnte, wären Heimspiele von RB Leipzig und die Meisterfeier des FC Bayern auf dem Marienplatz. Wenn Fußball keine gemeinsamen Emotionen ermöglicht und die Menschen nicht zusammen bringt, dann ist Fußball kein Volkssport sondern nur noch ein kommerzielles Produkt. Da müssen wir uns fragen, ob Fußball noch das ist was es sein soll.
Ja, es hängen viele Arbeitsplätze an einem Profi-Verein. Arbeitsplätze, jenseits der astronomisch bezahlten Fußballer. Der gesamte Jahresetat der 18 Bundesliga Kader belief sich 2017 auf 680 Mio. €. Ein durchschnittlicher Spieler verdient laut einer Studie von sportintelligence 1,34 Mio. € jährlich. Angenommen, alle Bundesliga-Profis würden auf einen großen Teil ihres Gehaltes verzichten, dann wären die Vereine nicht so enorm auf die Fernsehgelder für die ausstehenden neun Partien angewiesen.Thomas Müller oder Manuel Neuer mit Jahresgehältern von ca. 15 Mio. € müssten dann immer noch nicht am Hungertuch nagen. Im Gegenteil, selbst wenn diese Beiden auf 99% ihres Jahresgehaltes verzichten, hätten sie immer noch mehr bekommen als eine Krankenschwester, ein Polizist oder ein Feuerwehrmann.
Übrigens alles Berufe, in denen nicht alle drei Tage auf Corona getestet wird. Diese Luxus-Ausnahme soll es für die Bundesliga geben. 20.000 Tests bräuchte es wohl bis zum Saisonende. 20.000 Tests, die nicht dafür verwendet werden Pflegepersonal regelmäßig zu testen, um einen Ausbruch von Covid-19 in einer Pflegeeinrichtung zu verhindern.
Profi-Fußballer sind Vorbilder für viele Kinder und Jugendliche. Überall müssen strenge Abstandsregeln und Hygienevorschriften eingehalten werden, außer in der Bundesliga. Kinder, die nicht miteinander auf dem Bolzplatz kicken dürfen, können sich dann zuhause im PayTV anschauen, wie ihre Idole genau das machen.
Alle anderen Profiligen haben ihre Wettbewerbe, vernünftigerweise, beendet. Einzig und allein auf dem von Geld regierten Planeten „Kommerz-Profi-Fußball“, der sich immer weiter und weiter von der Erde entfernt, wird munter über Geisterspiele diskutiert.
Hauptsache der Rubel, und der Fußball, rollt.
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